„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“, das wusste schon der griechische Philosoph Sokrates. Inzwischen belegen das auch Studien: 2019 haben Schweizer Forscher gezeigt, dass nährstoffreiche, frisch zubereitete Lebensmittel ein wichtiger Baustein für eine gute Genesung sind. Grund genug, einen Blick in die Küche des Caritas-Krankenhauses St. Josef zu werfen.
Es ist 6.30 Uhr am Morgen. Ausgestattet mit Schutzkittel, Haarnetz und festem Schuhwerk betrete ich das Herzstück der Küche: einen großen, weiß gefliesten Raum mit einer Reihe von Herdplatten, riesigen Kesseln und Töpfen, sowie Schöpfkellen in Übergröße. Ich bereite mich auf den Duft von frisch gebrühtem Kaffee, Brötchen und Marmelade vor. Doch auf einmal umweht ein Hauch von Rosmarin meine Nase.
Verwirrt schaue ich Jürgen Pernpeintner an. Er kocht bereits seit über 20 Jahren in St. Josef und wird mir heute alles zeigen. „Das ist der Lammbraten für unser Mittagessen“, erklärt er mir. Und tatsächlich: Nur wenige Meter entfernt schneidet ein junger Mann dampfende Stücke Fleisch in Scheiben. „Der Braten war die Nacht über im Ofen, jetzt portioniert ihn Christian und danach bereitet er die Soße vor. Er ist als Koch heute für die Hauptgerichte zuständig.“ Das Lamm ist eines von insgesamt drei Hauptgerichten, die für die Patienten täglich zur Wahl stehen. Zum kompletten Mittagsmenü gehören neben den Beilagen eine Suppe sowie Nachtisch. Hinzu kommt spezielle Kost, die die Diätassistentinnen zubereiten.
Zwischen 250 und 300 Mittagessen bereitet das 30-köpfige Team um Küchenchef Martin Wittmann jeden Tag für die Patienten zu. Noch einmal die gleiche Menge kommt für die Mitarbeitenden in der Cafeteria hinzu. Nicht zu vergessen: Frühstück und Abendessen. Damit das reibungslos klappt, geht es in der Küche früh los. Um 6 Uhr bereiten die ersten Beiköche und Küchenhilfen das Frühstück vor, ab 6.30 Uhr beginnt ein Koch mit den Arbeiten fürs Mittagessen. Insgesamt arbeiten die Köche, Beiköche, Spüler, Küchenhilfen und Diätassistentinnen in einem Fünf-Schicht-System von 6 bis 17 Uhr.
Regional und frisch muss es sein
Um jeden Tag pünktlich hochwertige und frische Gerichte auf den Teller zu bringen, braucht es eine gute Planung und Infrastruktur. „Wir haben vier Tiefkühlräume, drei Trockenlager und einen Tageskühlraum, wo wir aus hygienischen Gründen unterschiedliche Lebensmittel voneinander getrennt lagern. Doch der Platz reicht kaum aus“, berichtet Jürgen Pernpeintner. „Die Lagerräume stammen aus einer Zeit, als wir noch deutlich weniger Patienten und Mitarbeitende versorgt haben“, erklärt der 53-Jährige. Nicht nur deshalb trifft es sich gut, dass man frisch und regional kocht: „Wir bekommen täglich oder mindestens alle zwei Tage unser Obst und Gemüse frisch vom regionalen Lieferanten. Die Eier und Semmeln sind ebenfalls aus der Region. Das ist nicht nur uns sehr wichtig, sondern auch dem Caritasverband. Denn unser Haus ist für die Preisverhandlungen von Lebensmitteln der anderen Caritas-Einrichtungen in der Diözese Regensburg zuständig.“
Gerade kommt wieder ein Lieferant – er bringt gekühlte Ware. In Empfang nimmt sie der stellvertretende Küchenchef Johann Renner. Bevor er die Ware abnimmt, prüft er genau: Ist alles unbeschädigt, ist die gelieferte Ware vollständig, passt die Temperatur? All das wird dokumentiert und auch von der Lebensmittelüberwachung regelmäßig geprüft. „Als Klinik werden wir besonders streng überwacht“, erklärt Birgit Fahrnholz. Die Sekretärin unterstützt nicht nur bei Bestellungen, Warenverwaltung und Organisation, sondern kümmert sich auch um die Abrechnung. Dass sie in der Küche bestens aufgehoben ist, merkt man am liebevoll dekorierten Büro: da hängt neben dem Kalender mit Gewürzen ein Wand-Tattoo mit „I love cooking“ und hinter ihr stehen mehrere Hängeregister mit Speiseplänen: „Wir planen immer ein paar Wochen im Voraus“, erklärt sie mir.
Bevor es wieder zurück in die eigentlichen Küchenräume geht, brennt mir noch eine Frage unter den Nägeln: Wie weiß das Küchenteam wie viel vorbereitet werden muss? „Einerseits arbeiten wir mit dem OrgaCard-System. Die Servicekräfte fragen täglich bei den Patienten ab, was sie am nächsten Tag essen möchten. Anhand dieser Abfrage wissen wir ganz genau, was wir vorbereiten müssen“, erklärt Jürgen Pernpeintner. „Bei den Mittagessen in der Cafeteria verlassen wir uns auf unsere Erfahrung. Da wissen wir einfach, dass Currywurst besser geht als Leber mit Kartoffelbrei“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Was das Küchenteam sehr freut, ist die hohe Zahl an Mitarbeitenden, die das Frühstücks- und Mittagsangebot in der Cafeteria gerne nutzen. Und das an 365 Tagen im Jahr.
„Die Servicekräfte fragen täglich bei den Patienten ab, was sie am nächsten Tag essen möchten. Anhand dieser Abfrage wissen wir ganz genau, was wir vorbereiten müssen.“
Hausmannskost und Trendküche vereinen
Zurück in der Küche – genauer gesagt in der Spülküche: die ersten Tabletts vom Frühstück kommen zurück. Rund 280 Semmeln, 52 Liter Kaffee, ca. 250 Päckchen Marmelade, aber auch 20 Portionen Käse und Wurst, sowie fünf Portionen warmer Kakao und 17 Mal Anis-Fenchel-Kümmeltee gingen heute unter anderem auf Station. Patienten mit postoperativem Nahrungsaufbau bekommen Brei, Suppe und Pudding. „Für uns ist es wichtig, dass die Tabletts zeitnah zurückkommen. Denn auch für Geschirr haben wir nur wenig Lagerfläche. Von daher sind die Kolleginnen und Kollegen in der Spülküche für uns ein wichtiger Teil unseres Teams. Alles was zurückkommt, wird hier sofort hygienisch aufbereitet, damit uns das Geschirr für das Mittagessen wieder zur Verfügung steht.“
Apropos Mittagessen: in der Küche stehen jetzt zahlreiche Töpfe und Pfannen auf den großen Platten. Überall zischt, kocht und brodelt es – die Soße für den Lammbraten ist fertig und köchelt vor sich hin, daneben brutzeln die Schweinespieße in einer großen Reine und einen Topf weiter kocht schon das Wasser für die Ravioli. Da sie nur eine kurze Kochzeit haben und am empfindlichsten sind, werden sie erst kurz vor knapp vorbereitet.
Lammbraten, Schweinespieße, Ravioli – eine bunte Mischung, doch bunt genug? Wie entsteht eigentlich so ein Speiseplan? „Unser jetziger Speiseplan existiert schon länger. Aktuell arbeiten wir alle gemeinsam an einem neuen. Da versuchen wir schon, auf neue Trends einzugehen und mehr fleischlose Gerichte anzubieten. Die Hausmannskost, die aber gerade ältere Menschen gewohnt sind, können und wollen wir weiterhin anbieten. Denn wir müssen auf die Essgewohnheiten unserer Patienten Rücksicht nehmen. Die Speisen sollen auf möglichst breite Zustimmung stoßen“, erklärt Jürgen Pernpeintner. Und es gibt noch mehr, das beeinflusst, was auf den Speiseplan kommt: „Die Gerichte müssen auf der vorgeschriebenen Temperatur gehalten werden können, sich schnell in größerer Menge vorbereiten lassen und dürfen bei etwas Wartezeit ihre Form und Festigkeit nicht verlieren. Deshalb gibt es für die Patienten beispielsweise Bratkartoffeln statt Pommes zur Currywurst. Die Pommes wären einfach nicht mehr knusprig bis die oben ankommen.“ Wird doch mal zu viel gekocht, wird dies – wenn möglich – nachhaltig weiterverarbeitet.
Jürgen Pernpeintner war 15 Jahre in der klassischen Gastronomie. Dort musste er auf solche Dinge keine Rücksicht nehmen. Ich frage ihn, ob er diese Art zu kochen vermisst. „Das ist natürlich schon was ganz Anderes, man kann kreativer sein. Aber man arbeitet halt gern mal 60 oder 70 Stunden. Das sind schon harte Wochen. Hier habe ich geregelte Arbeitszeiten und wir sind ein gutes Team. Das ist wichtig. Denn in einer Küche muss alles Hand in Hand laufen, sonst wird es schwierig. Einzelkämpfer können wir hier nicht brauchen. Deshalb ist es auch so schön, dass wir ein gutes Team sind und uns gegenseitig unterstützen. Ich sehe das schon als eine Art Familie. Viele sind schon lange dabei, zum Teil über 30 Jahre. Und wir sind durchaus ein bisschen stolz auf das, was wir hier leisten, dass wir immer noch so frisch kochen. Denn das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Gerade bei großen Klinikketten bedeutet „kochen“, vorproduzierte Speisen in Aluschälchen zu erhitzen.“
Während wir uns unterhalten, sind alle Menübestandteile fürs Mittagessen fertig geworden. Es geht es dem Endspurt in der Küche entgegen: Jürgen und seine Kolleginnen und Kollegen positionieren sich am Fließband. Ab jetzt läuft alles nach dem gleichen Muster: Tablett, Informationskärtchen (mit Station, Patientennamen, Essenswunsch), Warmhalteplatte für den Teller, Besteck und Geschirr. Danach geht es mit den Bestandteilen des Menüs weiter. Hier ein Kelle Nudeln, da ein Schöpfer Soße, hier das Fleisch, dort der Salat. Nach etwa sieben Metern kommen die fertigen Tabletts am Ende des Bandes an. Von dort werden sie in einen Wärmewagen verfrachtet. Das ist nicht nur wichtig für den Geschmack, sondern auch verpflichtend. Denn laut Gesetz muss das Essen beim Patienten mindestens 65 Grad haben. Sind die Gerichte kalt, dürfen es höchstens 7 Grad sein – auch das lässt sich mit den Essens-
wägen regeln. Nach einer Stunde sind alle Tabletts in die Wägen sortiert und werden vom Hol- und Bringdienst auf die Stationen und zu den Patienten gebracht. Ein paar Portionen bleiben in der Küche – eine von vielen Hygienevorschriften. Von allem, was hier gekocht wird, werden Rückstellproben entnommen und zehn Tage lang in extra Gefrierschränken aufbewahrt. „Sollte es einmal zu lebensmittelbedingten Erkrankungen kommen, hätten wir so die Möglichkeit, der Ursache auf den Grund zu gehen“, erklärt Pernpeintner beim Blick in den gut gefüllten Kühlschrank.
Seine Kolleginnen und Kollegen bereiten sich inzwischen schon auf das Abendessen oder den wohlverdienten Feierabend vor. Ich habe mich für die Ravioli entschieden und werde direkt von der Küche in der Cafeteria gehen. Der Vormittag in der Küche hat bleibenden Eindruck hinterlassen. Denn mir wurde klar, wie viel Planung nötig ist und wie exakt gearbeitet werden muss, damit alles reibungslos klappt. Ebenso wurde mir klar, das geht nur mit einem so engagierten und eingespielten Team wie diesem, dem man die Liebe zum Kochen anmerkt.
Text: Caritas-Krankenhaus St. Josef
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