Wie die Jungfrau zum Kind

18.12.2022


Wie die Jungfrau zum Kind

An den Adventsonntagen veröffentlichen wir spirituelle Impulse von Gastautoren. Heute schreibt Pfarrer Dr. Christoph Seidl, Seelsorger für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen im Bistum Regensburg

Eine der zahlreichen sehr schönen Krippen beim Krippenweg 2021 in Regensburg – die Krippe der Familie Hagelstein im Bischofshof am Dom in Regensburg (Foto: Hans-Christian Wagner)

Alle Jahre wieder – das Weihnachtsfest, viel Arbeit, wenig Muße und die Sorge, ob rechtzeitig und umfassend alles gelingt.  Alle Jahre wieder auch die altbekannten Geschichten, Texte und Lieder von Betlehem, dem Kind im Stall samt den Engeln und den Hirten. Und dann dieses unglaubliche Thema „Jungfrauengeburt“. Als aufgeklärte, mündige Menschen verschieben wir es lieber ins Reich der Märchen und Fantastereien.

Und doch hat es diese unglaubliche Geschichte bis in unsere alltäglichen Redewendungen geschafft: Ich bin zu etwas gekommen wie die „Jungfrau zum Kind“. Kaum zu glauben, schwer zu begreifen – und doch ist da was: es hat sich etwas ereignet, das man nur durch Bilder und Symbole ausdrücken kann.

Genau betrachtet, geschieht nämlich sehr viel so, wie wenn „eine Jungfrau ein Kind empfangen“ würde – vieles geschieht unverhofft, ungeplant, manchmal ist es gut, nicht selten aber auch erschreckend, so sehr, dass ich nicht weiß, wie mir geschieht, wie ich damit fertig werden soll. Die Pandemie war und ist so eine Herausforderung – nicht bestellt, und doch plötzlich Lebensthema. Der Krieg in der Ukraine stellt ebenfalls eine nicht gewünschte Herausforderung dar – wie die Menschen dort wieder zu einem normalen Leben gelangen sollen, steht völlig in den Sternen!

"Es geht um den Beginn einer permanenten Zumutung."
Pfarrer Dr. Christoph Seidl über die Verkündigungsgeschichte

Die Verkündigungsgeschichte am 4. Adventsonntag ist auch eine Herausforderung: Es geht um den Beginn einer permanenten Zumutung. Eine junge Frau soll ungeplant schwanger werden. Was werden da die Leute sagen? Josef, so wird erzählt, möchte sich heimlich aus dem Staub machen. Das traute hochheilige Paar aus der Christnacht wurde im Lauf der Zeit wohl eher verklärt – weit entfernt von einer realistischen Darstellung. Und die Zumutungen enden ja nicht damit: keine Herberge, Krippe, Flucht nach Ägypten, Suche nach dem 12-Jährigen, freche Fragen wie „Wer ist meine Mutter?“ oder „Was geht das dich und mich an?“ – und nicht zuletzt das Kreuz. Eigentlich eine Geschichte voller Zumutungen! Möglicherweise findet sich da der eine oder die andere von Ihnen wieder mit der eigenen Lebensgeschichte: durchkreuzte Pläne; Kinder, die andere Wege einschlagen; ein Partner, der/die vom ursprünglichen Traum ziemlich entfernt ist; Krankheiten, Existenzängste. Möglicherweise stellt sich in Ihrem Leben gelegentlich auch die Frage: Wie soll denn das bitte geschehen? Das hatte ich mir anders vorgestellt. Wie die Jungfrau zum Kind! Was für eine Zumutung!

"Wir könnten auf den Mut schauen, der in all dem steckt: auf die Kraft, die mit der Herausforderung wächst."
Pfarrer Dr. Christoph Seidl

Wir schauen gerne auf die unzähligen Zumutungen in unserem Leben. Auf das, was ‚eigentlich‘ nicht möglich ist! Wir könnten aber auch auf den Mut schauen, der in all dem steckt: auf die Kraft, die mit der Herausforderung wächst – auf die Menschen, die den Weg mit uns gehen und Ideen schmieden helfen – auf die Umstände, die sich manchmal dann doch günstig ergeben. Ich schaue ganz bewusst auf die ungezählten Frauen und Männer, die sich bei der Caritas vielfältig engagieren und so auf ihre Weise helfen, mit den Herausforderungen und Zumutungen des Lebens umzugehen: in der Pflege, in den Beratungsdiensten, durch vielfältige Unterstützungsangebote – nicht zuletzt auch im Ehrenamt.

Eine Kirchenbesucherin hat sich mal fürchterlich beim Pfarrer aufgeregt, als eines Tages die Kirche wegen Bauarbeiten geschlossen war. Wo sollte sie nun Gott finden? Tags darauf hing ein Schild am Bauzaun: „Ich bin auch draußen zu finden. Gezeichnet: Gott.“

Also: Nur MUT dabei, Gott in diesen Tagen auf andere, ungewohnte Weise zu entdecken!

Pfarrer Dr. Christoph Seidl, Seelsorger für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen im Bistum Regensburg


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