Nächster Halt: Landshut

08.08.2022


Nächster Halt: Landshut

In der Sommerzeit machen wir eine Reise durch die Welt der Caritas im Bistum Regensburg. In einer Serie stellen wir die Arbeit der Kreis-Caritasverbände vor. Den Auftakt macht Landshut. Fünf Fragen an den Geschäftsführer Ludwig Stangl

Seit 2019 fertiggestellt: Das Mutter-Kind-Haus der Caritas in Landshut (Foto: Caritas Landshut)

Über den Kreis-Caritasverband Landshut: Die Caritas Landshut ist im Wesentlichen in drei Bereichen tätig: Kinderbetreuung, Pflege und Beratung. Mit knapp 80 Mitarbeitenden betreut sie mehr als 600 Kinder. Im Bereich Pflege betreibt die Caritas Landshut das St. Jodok Stift und das Alten- und Pflegeheim St. Rita. Zudem deckt die Caritas in Landshut alle Bereiche der sozialen Beratung ab, von der Migrations- über die Schwangeren- und die allgemeine Sozialberatung bis hin zur Beratung von Menschen mit Suchtproblemen.

"Das Wichtigste ist, das Hilfsangebot den gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen und die Nöte der Zeit zu erkennen, dabei die richtigen Schlüsse zu ziehen und Handlungen daraus zu entwickeln."
Ludwig Stangl, Geschäftsführer der Caritas Landshut

Herr Stangl, was treibt Sie an? Wie verstehen Sie den Auftrag der Caritas?

Das Wichtigste ist, das Hilfsangebot den gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen und die Nöte der Zeit zu erkennen, dabei die richtigen Schlüsse zu ziehen und Handlungen daraus zu entwickeln. Personelle und finanzielle Ressourcen sind knapp und die Aufgaben werden mehr und schwieriger.

Wie versuchen Sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Auftrag bei der Caritas Landshut umzusetzen?

Was uns in der Vergangenheit stark machte, waren unsere Kompetenzen und Talente, die wir für unsere Ratsuchenden einsetzten. Mit Online-Angeboten und über die neuen Medien wollen wir für die heranwachsende Generationen erreichbar sein, ohne den persönlichen Kontakt zu verlieren oder die oftmals erforderliche Vertrauensbildung zu vergessen. Seelische oder psychische Not neigt dazu, sich zu verstecken. Die Zusammenarbeit zwischen den Hilfsorganisationen muss überall optimiert und verbessert, Parallelstrukturen abgebaut und Synergien auch in der Wohlfahrtspflege stärker genutzt werden.

In der Arbeit mit Geflüchteten haben wir gesehen, dass Ehrenamtsstrukturen schnell an Grenzen stoßen. Deshalb müssen wir die hauptamtlichen Kräfte im Face-to-Face-Setting ausbauen. Die kommunale Ebene setzt derzeit viel zu stark auf Koordinierungsaufgaben, statt die konkrete Fallarbeit am Klientel zu stärken.

Das Alten- und Pflegeheim St. Jodok in Landshut (Foto: Caritas Landshut)

Was sind aktuell Ihre „Leuchtturmprojekte“?

Das spektakulärste Projekt der letzten drei Jahre war sicher die Eröffnung des Mutter-Kind-Hauses. Damals hat man insbesondere in der Schwangerenberatung erkannt, dass es sehr viele minderjährige Mütter gibt, die völlig überfordert und auf sich allein gestellt sind. Da die Wissenschaft gezeigt hatte, dass die Mutter-Kind Bindung in der frühkindlichen Erziehung unbedingt zu erhalten und zu stärken ist, haben wir mit kirchlicher und privater Unterstützung dieses Haus gebaut. So eine breite Unterstützung hatten wir bislang nie. Am Ende wurde es ein 4,5-Millionen-Projekt.

Seit 2015 haben wir außerdem einen großen Aufwand bei der Beratung von Geflüchteten betrieben. Aus einer halben Beratungsstelle haben wir inzwischen, gemeinsam mit den Mitarbeitenden der Diakonie, eine Migrationsberatung mit neun Stellen aufgebaut.

"Es laufen aktuell die Vorbereitungen für eine Betreuung für geflüchtete ukrainische Kinder. Bis Anfang September sollen 75 Betreuungsplätze eingerichtet werden."
Ludwig Stangl, Geschäftsführer der Caritas Landshut

Welchen Herausforderungen sehen Sie sich gegenüber?

Man muss trennen zwischen internen und externen Herausforderungen. Intern gibt es das allseits bekannte Problem des Personalmangels in unseren beiden Hauptarbeitsfeldern: Sowohl in der Kinderbetreuung als auch im Pflegebereich gibt es zu wenige Menschen, die dort einsteigen. Unsere Heime sind nicht voll belegt sind, obwohl wir den Platz dafür hätten. Doch es fehlt das Personal.  Wir selbst haben keine Berufsfachschule für Pflege, in der wir Leute ausbilden können. Wir können nur Lehrstellen anbieten, was wir beispielsweise im St. Jodok Stift machen: Mit elf Azubis hatten wir dort in diesem Jahr einen Rekord. Dennoch fehlen uns für das Bewerben der Pflegebranche bisher noch die genialen Ideen und Konzepten.

Extern gesehen laufen aktuell die Vorbereitungen für eine muttersprachliche Kinderbetreuung für geflüchtete ukrainische Kinder im Kindergartenalter. Dort sollen bis Anfang September 75 Betreuungsplätze eingerichtet werden. Die Stadt Landshut hat uns dafür das Erdgeschoss der ehemaligen St.-Martin-Schule zur Verfügung gestellt. Nach den Sommerferien soll es dort losgehen. Die Kinder werden von ukrainischem Personal betreut. Kopfschmerzen bereitet bisher noch der Finanzierung, die noch nicht komplett steht. Nachdem die Spenden für die Arbeit mit Geflüchteten in den letzten Jahren fast gegen Null gingen, erfuhren wir durch die ukrainischen Geflüchteten wieder einen gewissen Auftrieb. Die Spenden setzen wir dort nun ein. Doch bis die Betreuung in die Regelförderung kommt, ist es eine Durststrecke. Diese überbrücken wir unter anderem mit der Hilfe des Diözesan-Caritasverbandes Regensburg. Dieser finanziert uns durch die Förderung des Projektes Caritas4U eine halbe Psychologenstelle, die sich im Rahmen dieser Kinderbetreuung um die traumatisierten Kinder kümmert.

"Es ist die Aufgabe der Caritas, dass wir die gesellschaftliche Solidarität herbeiführen und stärken können, um eine freiwillige Verteilungsgerechtigkeit herbeizuführen. Nur so können wir letztendlich alle gemeinsam durch diese schwierige Zeit kommen."
Ludwig Stangl, Geschäftsführer der Caritas Landshut

Zum Abschluss noch ein Blick nach vorne: Was bringt die Zukunft für die Caritas Landshut?

Nach der Coronazeit, in der die heftigsten Anforderungen an das Pflegepersonal, an die Beratungsstellen und die Kinderbetreuung gestellt wurden, gehe ich davon aus, dass es für das Caritas-Personal noch heftiger werden wird. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass wir nochmals Lockdowns oder Schließungen bekommen, jedoch wird die Kurzarbeit voraussichtlich zurückkehren. Dazu kommen die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges, die nicht nur unsere Einrichtungen kostenmäßig in Schwierigkeiten, sondern auch unsere Klientinnen und Klienten in wirtschaftliche Not bringen werden. Das wird Leute bis zur unteren Mittelschicht treffen. Die Caritas wird weder personell noch finanziell die Mittel haben, diese neue Art der Not zu bewältigen. Das wird wohl in einer neuen Armutswelle enden, vor allem bei denjenigen, die vorher schon in prekären Verhältnissen lebten. Deshalb ist es die Aufgabe der Caritas, dass wir die gesellschaftliche Solidarität herbeiführen und stärken können, um eine freiwillige Verteilungsgerechtigkeit herbeizuführen. Nur so können wir letztendlich alle gemeinsam durch diese schwierige Zeit kommen.

Zur Person: Ludwig Stangl ist Jurist und seit zwanzig Jahren Geschäftsführer des Kreis-Caritasverbandes Landshut.

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