Wenn menschliches Leben fragil wird

01.05.2022


Wenn menschliches Leben fragil wird

Demenz ist eine Diagnose, die Angst macht

Bei der Demenz handelt es sich nach gegenwärtigem Kenntnisstand um eine nicht heilbare fortschreitende Erkrankung, steht es in der Broschüre zur diesjährigen Woche für das Leben zu lesen. "Demenz ist eine Diagnose, die Angst macht", sagt Domkapitular Michael Dreßel in seinen Eröffnungsworten in der Dreieinigkeitskirche. "Für Betroffene ist sie verbunden mit Phänomenen wie: Dinge vergessen, Orientierung verlieren, Vertraute und sich selbst nicht wiederkennen. Für Angehörige und das soziale Umfeld ist Demenz verbunden mit dem Zusehen-Müssen, wie sich die Persönlichkeit eines geliebten Menschen verändert, scheinbar aufzulösen beginnt. Für unsere alternde Gesellschaft ist sie verbunden mit einer großen Herausforderung und der Frage nach der Gestaltung eines humanen, menschenwürdigen Zusammenlebens."

Zur diözesanen Eröffnung der Woche für das Leben feierten Domkapitular Michael Dreßel, Vorsitzender des Caritasverbandes Regensburg (li.) und Pfarrer Jörg Breu, Dekan des evangelischen Donaudekanats, in der Dreieinigkeitskirche einen ökumenischen Gottesdienst Fotos: Hans-Christian Wagner

Domkapitular Dreßel zelebriert die Messe am Samstagnachmittag gemeinsam mit dem evangelischen Dekan Jörg Breu. Dieser möchte in seiner Predigt, die Krankheit Demenz etwas (er)fassbarer und in ihren Ausprägungen etwas greifbarer zu machen. Er erzählt über den Film "Still Alice – Mein Leben ohne Gestern", in dem die dafür mit dem Oscar ausgezeichnete Schauspielerin Julianne Moore eine anerkannte Linguistin spielt, die im Alter von 50 Jahren an Alzheimer erkrankt, das in ihrem Fall erbliche Schicksal zuerst verschweigt, dann überspielt und schließlich nach tief greifenden Entscheidungen gemeinsam mit der Familie annimmt. 

Das Bild vom Regenbogen des Lebens, am Anfang aufsteigend und am Ende abfallend, passe sehr gut zum Alltag. In der ersten Lesung aus dem Buch Kohelet, Kapitel 12, heißt es "Denk an Deinen Schöpfer in Deinen frühen Jahren, ehe die Tage der Krankheit kommen und die Jahre Dich erreichen, von denen Du sagen wirst: Ich mag sie nicht!"

Nach dem Gottesdienst folgt ein Gesprächsforum mit Maria Kammermeier, Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Oberpfalz e.V., die aus ihrer reichen Erfahrung heraus in die Situation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen einführt und einen besonderen Akzent auf die Bedürfnisse der Seele der betroffenen Menschen legt.

"Wir bringen unsere Anliegen vor Gott. Vor den Gott, von dem wir glauben, dass er uns unauslöschlich in seine Hand geschrieben hat. Vor den Gott, von dem wir erhoffen, dass er uns nicht vergisst, auch dann nicht, wenn wir uns selbst vergessen..."
Domkapitular Michael Dreßel in seinen Einführungsworten des Ökumenischen Gottesdienstes zur Eröffnung der Woche für das Leben

In einer persönlichen Begnung beim Verlassen der Dreieinigkeitskirche erzählt eine Gottesdienstbesucherin, dass sie fünf Jahre in der professionellen Betreuung von Demenzkranken mit bis zu 16 Patienten zeitgleich gearbeitet habe. Am Ende sei sie selbst erschöpft gewesen. Was die direkten Angehörigen über lange Jahre leisten, ist immens und oft von außen nicht sichtbar.

Wie könnte man Demenz noch erklären? Es hat, so schildet die Betreuerin ihre Erfahrung, etwas mit der Kindererziehung Vergleichbares. Der gravierende Unterschied ist, dass die Kinder jeden Tag etwas Neues dazulernen, der Demente jeden Tag etwas Neues vergisst. Was in beiden "Fällen" immer durchdringt, ist die bedingungslose Liebe, die die Menschen am Anfang und am Ende des Lebens besonders trägt.

"Befiehl Du Deine Wege und was Dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt."
Liedtext von Paul Gerhard aus dem evangelischen Gesangsbuch – gesungen zwischen Predigt und Fürbitten des Gottesdienstes in der Dreieinigkeitskirche

So geht es in der Woche für das Leben weiter:

Montag, 2. Mai, 19.30 Uhr: Filmabend "The Father" mit anschließendem Gespräch im Regina Kino Regensburg

The Father ist ein preisgekrönte Filmdrama von Florian Zeller. Die Hauptrollen in der Vater-Tochter-Geschichte sind mit Anthony Hopkins und Olivia Colman hochkarätig besetzt. Tochter Anne hat sich jahrelang um ihren alten Vater Anthony gekümmert. Doch das Fortschreiten seiner Demenz bringt sie zunehmend an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, während Anthony verzweifelt versucht, die Kontrolle über sein Leben zu behalten.

Im Anschluss an den Film gibt es ein Gespräch mit Dr. Christoph Seidl. Er ist als Seelsorger für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen im Bistum Regensburg tätig und als Gemeindeseelsorger in Regensburg-Harting.

Dienstag, 3. Mai, 16 Uhr: Maiandacht für Menschen mit Demenz:

Eine Maiandacht für Menschen mit Demenz und deren Angehörige ist in der Hauskappelle der Malteser, Am Singkreis 1, in Regensburg. Danach sind alle noch zur Maibowle eingeladen.

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