Der Treff

21.06.2022


Der Treff

In der Caritas-Tagespflege im niederbayerischen Niederwinkling kommen täglich ältere Menschen zusammen – zur Gymnastik, zum Gedächtnistraining, zum Gespräch. Es ist ein Angebot, das die Senioren aktiviert und ihre Angehörigen entlastet. Ein Besuch

Monika Bayer, Pflegefachkraft, leitet die Caritas-Tagespflege in Niederwinkling. Fotos: Schophoff

Anneliese Kopp, 83, legt die Stricknadeln beiseite und streckt sich, erst den linken Arm nach oben, dann den rechten, das dehnt und stärkt die Glieder. Es ist werktags, 9 Uhr, Zeit für Sitzgymnastik. Das Frühstücksgeschirr ist abgedeckt, die Rollatoren beiseitegeschoben. Anneliese Kopp und die anderen 14 Gäste der Caritas-Tagespflege in Niederwinkling starten mit Gymnastik gemeinsam in den Tag.

„Der Name ‚Tagespflege‘ irritiert“, sagt Monika Bayer, die Leiterin der Einrichtung. „Bei uns werden ältere Menschen nicht nur gepflegt, sondern insbesondere geistig, sozial und körperlich gefordert und gefördert.“ Natürlich zählen pflegerische Leistungen dazu. Ein Gast beispielsweise liegt im Raum statt zu sitzen und ist an eine Maschine angeschlossen, die für ihn Sauerstoffkonzentrat erzeugt. Und doch steht im Mittelpunkt des Angebots weniger die Pflege als mehr das Miteinander.

Die Glieder gedehnt, greift Anneliese Kopp wieder zu ihren Stricknadeln. Sie strickt Socken für ihren Hausarzt und hört zugleich Ramona Lehner zu. Lehner ist die Betreuungskraft der Tagespflege und wird in den nächsten knapp zwei Stunden Gedächtnistraining mit den Gästen machen. Das Thema lautet an diesem Donnerstag: Arbeit macht das Leben süß.

„Arbeit macht das Leben sauer“, ruft da einer und die anderen lachen. Während die Senioren reihum erzählen, welche Berufe sie erlernten, wird klar: Egal ob süß oder sauer, die Arbeit prägte die Menschen und ihr Leben. Viele der Gäste betrieben eine Landwirtschaft, andere übten ein Handwerk aus wie Schneiderin oder Maurer. „Jeder hat sich für die Gesellschaft eingebracht“, sagt Ramona Lehner. Was sie hier wie nebenbei anspricht, trifft einen der Grundsätze der Einrichtung. Auf einem Plakat im Eingangsbereich steht: Wir respektieren die Persönlichkeit unserer Gäste. Sie haben ein gelebtes Leben mit Erfahrungen, Erinnerungen und Lebenseinstellungen.

Anneliese Kopp kommt bereits seit zwei Jahren regelmäßig in die Tagespflege. Sie knüpft gern Kontakte, sagt sie, „ich verstehe mich mit jedem“. Auf dem Bild strickt sie Socken für ihren Hausarzt.

Anneliese Kopp beispielsweise hat zwei Kinder großgezogen und zuhause Land- und Hauswirtschaft organisiert. Ihr schräg gegenüber sitzt Theresa Neumeier, eine gebürtige Münchnerin. Sie sagt, sie sei 90 Jahre alt, wirkt aber zwei Jahrzehnte jünger. Sie war Verkäuferin in einem Reformhaus, ihr Leben lang eine Frau der Großstadt, erst vor wenigen Jahren zog sie zu ihrer Tochter aufs niederbayerische Land. Die beiden Frauen und die übrigen Gäste besuchen von morgens bis zum späten Nachmittag die Tagespflege, leben aber im eigenen Zuhause oder bei ihren Angehörigen. Manche werden zusätzlich von einem ambulanten Pflegedienst betreut. Ein Konzept, das aufgeht. 

Die Tagespflege in Niederwinkling ist eine von neun Tagespflegen der Caritas im Bistum Regensburg. „Das Angebot soll mehr als verdoppelt werden. Fünfzehn weitere Caritas-Tagespflegen sind derzeit in Planung“, sagt Birgit Renner, die Referatsleiterin Ambulante Pflege und Tagespflege beim Caritasverband für die Diözese Regensburg. Denn die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt. Ende des Jahres 2019 lebten in Bayern rund 500.000 Menschen, die auf Pflege angewiesen waren. Bis zum Jahr 2050 wird sich diese Zahl laut aktueller Hochrechnungen auf etwa 760.000 erhöhen. Dreiviertel der Pflegebedürftigen werden von Familienangehörigen und ambulanten Pflegediensten versorgt. Für sie wird das Angebot der Tagespflege ausgebaut.

Anneliese Kopp kommt bereits seit zwei Jahren regelmäßig in die Tagespflege. Sie knüpft gern Kontakte, sagt sie, „ich verstehe mich mit jedem“. Wer ihr gewinnendes Lachen erlebt, glaubt ihr das sofort. Der Treff kommt an – und stärkt nicht nur die Glieder, sondern auch die Herzen.

Eine Frau der Großstadt: die gebürtige Münchnerin Theresa Neumaier. Seitdem sie zu ihrer Tochter aufs Land gezogen ist, besucht sie regelmäßig die Tagespflege.

Auf einen Blick: Das ist die Caritas-Tagespflege in Niederwinkling

Die Tagespflege der Caritas in Niederwinkling gibt es seit dem Jahr 2018 und hat Platz für 16 Gäste. Sie werden werktags von 7.30 bis 16 Uhr betreut.  Der Tag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück, dann folgt die morgendliche Gymnastik. Daran schließen sich Beschäftigungsangebot wie Gedächtnistraining, Basteln, Handwerken, gemeinsames Kochen oder Backen. Mittags wird gemeinsam gegessen, danach gibt es eine Ruhezeit. Für jeden Gast steht ein Sofa, ein Sessel oder ein gemütlicher Mobilisationsstuhl zur Verfügung. Nach der Pause werden nochmals die Gehirnzellen oder die Bewegung trainiert, beispielsweise durch das Singen von Liedern aus „früheren Zeiten“ oder Gedächtnisspiele. Außerdem wird das tagesaktuelle Geschehen beim gemeinsamen Zeitungslesen besprochen. Jeder Gast kann frei entscheiden, ob er sich an den angebotenen Aktivitäten beteiligen will, lieber stiller Zuschauer ist oder sich mit anderen Tagespflegegästen unterhält. Die gemeinsame Kaffee- und Kuchenzeit runden den Tag ab. Um 16 Uhr endet das Angebot. Die Tagespflege bietet einen Fahrdienst an.

Kontakt und weitere Informationen: Tagespflege (caritas-straubing.de)

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