Zum Palmsonntag: Anpacken und Helfen - Seelsorge auf Augenhöhe

10.04.2022


Zum Palmsonntag: Anpacken und Helfen - Seelsorge auf Augenhöhe

Anpacken und Helfen – Seelsorge auf Augenhöhe

Ein Gastbeitrag von Diakon Josef Schlecht

Heute mit dem Palmsonntag steigen wir ein in die Heilige Karwoche, die uns durch den Tod in die Fülle des Lebens führen möchte. Wir gehen den Weg Jesu mit, wir feiern das große Geheimnis unseres Glaubens und vergewissern uns neu, dass wir berufen sind zu erlösten Menschen durch Gottes Gnade und Anteil haben an seiner Auferstehung. Aber wie soll und kann das gehen, gerade in diesen Zeiten? Diese Frage begleitet uns auf unserem gesamten Lebensweg – und wir alle kennen die bedrängenden Zweifel, Ängste und Nöte – spüren aber auch in Lichtmomenten die Glückseligkeit und Sehnsucht nach Vollkommenheit, die uns eben verheißen ist.

Es beginnt mit einem Paukenschlag: Hosianna, dem Sohne Davids! Jesus kommt nach Jerusalem und wird wie ein Superstar gefeiert. Sie bereiten ihm einen großartigen Empfang und jubeln ihm zu, wie den größten Machthabern und Regenten dieser Erde.

Aber – er reitet auf einem Esel, auf Augenhöhe mit den einfachen Menschen. Nicht das hohe Ross der Überheblichkeit und Machtfülle kommt zum Einsatz, sondern dieses geduldige Lastentier, das sich als weltweiter Helfer der Menschen, besonders der Ärmsten unserer Erde, nutzen lässt. Mir als Diakon ist der Esel zu einem Schlüssel für den alljährlichen Einstieg in diese heiligen Tage geworden.

Der Palmesel in Bodenmais steht zum Einsatz bereit

„Dann brauchen wir nur noch einen Esel für die Palmenprozession“, meint der Pfarrer im Liturgieausschuss und schaut hilfesuchend in die Runde. Gerne würde ich mich mal in seine Rolle versetzen, denke ich mir, doch da meldet sich schon jemand und deutet Abhilfe an. So können wir heuer nach zweijähriger Coronapause den Einzug in unsere Pfarrkirche wieder mit dem „Esel voraus“ begehen. Nicht nur ein wichtiges Symbol für mich, sondern ein Türöffner, der uns den Blick auf die Nöte dieser wirren Tage trotz feierlicher und würdiger Liturgie schärft.

Zwei Jahre Coronaeinschränkungen mit bitteren Auswirkungen auf alle Gemeinschaften, insbesondere auch auf unsere Pfarrgemeinden – der schleichende Klimawandel, der unaufhaltsam näherkommt und längst auch unsere Breitengrade erreicht hat – und dann noch Krieg in Europa vor unserer Haustür, der Millionen Menschen in unbeschreibliche Nöte stürzt und viele heimatlos macht. Der Esel trägt sie alle mit, denke ich mir, immer auf Augenhöhe und ganz ohne Murren. Und dann kommt mir die große Hilfsbereitschaft in den Sinn, die auch in unserer Pfarreiengemeinschaft in diesen Wochen unglaublich gewachsen ist: Der Helferkreis „Flucht – Asyl – Integration“ hat sich mehr als verdoppelt, die Spendenbereitschaft finanziell und materiell nimmt kein Ende, Menschen öffnen ihre Türen und stellen privaten Wohnraum zur Verfügung, Fahrdienste und Einkaufshilfen stehen abrufbereit, und das ge-meinsame Gebet für den Frieden hört nicht auf. „Was können wir für euch jetzt noch tun?“, frage ich die dreißig ukrainischen Frauen und Kinder, die bereits in unserer Pfarreiengemeinschaft Bodenmais-Böbrach wohnen. „Betet mit uns gemeinsam um den Frieden und das Heil unserer Männer im Krieg, Gott segne die Ukraine, Gott segne Deutschland, Gott segne alle Menschen auf dieser Erde!“ Und dann stimmen sie am Marktplatz ihre Nationalhymne an – herzzerreißend und zu Tränen rührend.

"Betet mit uns gemeinsam!" - Fünf ukrainische Frauen und ein Kind singen nach dem Friedensgebet ihre Nationalhymne.

Wir stehen am Anfang der Karwoche, und es ist noch ein weiter Weg durch die Todesnacht bis hin zur Morgenröte der Auferstehung. Der Esel läuft voran, Christus bleibt mit uns auf Augenhöhe, vor wem sollten wir uns fürchten?

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