Die Herbstsammlung steht bevor - Interview mit Caritasdirektor Michael Weißmann

18.09.2022


Die Herbstsammlung steht bevor - Interview mit Caritasdirektor Michael Weißmann

Diözesan-Caritasdirektor Michael Weißmann ehrte beim Dekanatsabend in Regensburg Johann Würdinger und Leonhard Pillmeier aus der Pfarreiengemeinschaft Reinhausen-Sallern mit dem Ehrenabzeichen in Gold - seit mehr als 40 Jahren sammeln sie für die Caritas. Michael Weißmann hält eine Dankesurkunde in der Hand, mit der Johann Würdinger bereits 1982 für sein Engagement ausgezeichnet wurde. Die Urkunde brachte der Geehrte zur erneuten Auszeichnung mit. Foto: Wagner

Die Caritas-Sammlung ist schon ein große Sache, denn hier werden Spendengelder wirklich buchstäblich von Hand "eingesammelt". Der Aufwand ist hoch. Überall in den Pfarrgemeinden gehen in der Sammlungswoche Helfer durch die Orte, verteilen Spendenbriefe, Werbemittel und Spendentüten und läuten auch an Haustüren mit der Bitte um eine Spende für Arbeit der Caritas. Hinzu kommt die Kirchenkollekte, die am Caritas-Sonntag - im Bistum Regensburg ist es der 25. September - im Spendenkörbchen gesammelt wird.

Der Aufwand lohnt sich, pro Jahr konnten zuletzt schon mal zwei Millionen Euro an Spenden gesammelt werden. Allerdings haben sich die Zeiten geändert. Der demographische Wandel hinterlässt Spuren, es wird schwieriger, Sammlerinnen und Sammler zu finden, die sich vor Ort für die Caritas auf den Weg machen. Auch die wachsende Zahl der Kirchenaustritte macht sich bemerkbar.

Zuletzt waren die Sammlungen auch noch von Corona massiv betroffen. Bei Kontaktverbot oder gar Lockdown konnte Sammlung wie bisher nicht stattfinden. Die Einbrüche der Sammlungergebnisse waren deutlich. Im Interview wirbt Caritasdirektor Michael Weißmann für die Unterstützung der Caritas-Sammlungen. Sie bilden die Grundlage für wesentliche Leistungen der Caritasarbeit im gesamten Bistum Regensburg.

F: Herr Direktor Weißmann, warum ist die Sammlung so wichtig?

Die beiden Sammlungen, Frühjahrssammlung und Herbstsammlung, die im Kirchenjahr eingebettet sind, haben für uns höchste Bedeutung. Was viele nicht wissen: die meisten sozialen Dienste der Caritas sind nicht re-finanziert durch staatliche Mittel. Das heißt nichts anderes, als dass wir hier sehr viele Eigenmittel einbringen müssen. Da fließen Anteile der Kirchensteuer hinein, die wir vom Bistum erhalten, oder eben Spendengelder. 

Und jetzt sind wir in eine Zeit hineingekommen, in der ein großer Umbruch stattfindet. Zuerst war es die Corona-Krise, die uns mit völlig neuen Situationen konfrontiert hat. Eine tödliche Bedrohung, Verlust von Freiheit, wie wir sie gewohnt waren, Angst - und viele neue Nöte! Jetzt ist das Bewusstsein hinzugekommen, dass wir wieder Krieg haben in Europa, was vieles in unserem Denken ändert. Die konkreten Folgen mit Inflation und schier ungebremst steigenden Lebenshaltungskosten spüren alle. Immer mehr Menschen suchen Hilfe, viele bei der Caritas. Ich bin an dieser Stelle froh sagen zu können, dass es ein breites Netzwerk gibt an Anlaufstellen und Hilfsdiensten. Im Diözesanverband, in den Kreisverbänden und natürlich durch zahllose Initiativen in den Pfarreien. All das wird größtenteils aus Eigenmitteln gestemmt. Und hier spielen die Spenden eine tragende Rolle!

Wir haben aber auch einen großen demographischen Umbruch und hier denke ich an unsere Sammlerinnen und Sammler. Wir haben heuer in unserem Jubiläumsjahr überall in den Dekanaten Menschen geehrt, die über viele Jahre hinweg für die Caritas Spenden gesammelt hatten. Da waren Frauen und Männer dabei, die zehn, zwanzig, einige gar 50!!! Jahre lang unterwegs waren, um für die Arbeit der Caritas zu sammeln.
Es war oft sehr berührend, wenn man mit diesen Menschen ins Gespräch gekommen ist. Viele wussten aus eigener Erfahrung, was Not bedeutet. Viele sind in der Nachkriegszeit aufgewachsen, sind selber in großer Not gewesen und haben sich aus diesem Grund dafür entschieden, auch anderen zu helfen und auf diese Weise die Nächstenliebe lebendig sein zu lassen.

Der Caritasvorsitzende Michael Dreßel (re.) und Caritasdirektor Michael Weißmann (Mitte) bei der Ehrung von Ehrenamtlichen aus dem Dekanat Neustadt-Weiden.

F: Aus vielen Pfarreien hört man, dass es immer schwieriger wird, Sammlerinnen oder Sammler zu finden.
Das verändert sich natürlich. Auch gesellschaftlich verändert  sich vieles. Menschen treten aus der Kirche aus, die Bindung an Institutionen geht zurück. Deshalb ist mir ganz wichtig darauf hinzuarbeiten, dass die Arbeit der Caritas in der Gesellschaft bekannt ist, dass man weiß, was Caritas alles leistet.

In einem Gespräch habe ich unlängst etwas flapsig gesagt, Caritas ist da, von der Wiege bis zur Bahre. Aber da ist was dran, weil wir wirklich die ganze Bandbreite im Leben abdecken. Beratungsmöglichkeiten für schwangere Frauen, für Kinder, für Menschen in Notsituationen, viele Angebote für alte Menschen - Caritas ist da und hat einen Sitz im Leben! Und deshalb bitte ich und appelliere an alle, diese Arbeit der Caritas zu unterstützen. 

Das Plakat zur Caritas-Herbstsammlung 2022

F: Ihr Augsburger Amtskollege Dr. Andreas Magg hat vor Kurzem in einem Interview gesagt, ohne mehr Spenden muss Caritas längerfristig Hilfen einschränken. Gilt das auch für die Caritas im Bistum Regensburg?

Im Moment kommen wir noch gut zurecht. Aber: natürlich ist auch bei uns die Tendenz gegeben, auch hier zeigen die Austrittszahlen nach oben und das ist natürlich auch hier gleichbedeutend, dass die Kirchensteuereinnahmen sinken und auch die Caritas weniger Pauschalzuschuss bekommen wird. 

Unsere Dienste, gerade die Kerndienste - Allgemeine Sozialberatung, Schuldnerberatung, usw. , die werden aus Eigenmitteln finanziert. Sollte es dazu kommen, dass die Mittel immer weniger werden, werden wir auch gezwungen sein, irgendwo einzusparen. Ich kann diesen Appell also nachvollziehen. Mein Wunsch ist, dass die Gesellschaft, dass die Menschen erkennen, was Caritas alles anbietet und leistet und auf welcher Bandbreite die Caritas für die Menschen da ist.  "Caritas hilft!" ist deshalb als Botschaft auch das Motto der kommenden Herbstsammlung.

F: Zweimal im Jahr ist Caritas-Sammlung. Im Frühjahr zu Beginn der Fastenzeit und im Herbst zum Erntedankfest. Bei der Fastenzeit denken wir an das Fastenopfer, beim Erntedank eben auch an eine Dankesgabe für diejenigen, die Hilfe brauchen. Welche Rolle spielen solche Motive für die Menschen?

Diese Bilder sind sehr schön und sie haben auch lange getragen, aber ich fürchte, sie tun es heute immer weniger. Das Kirchenjahr hat bei vielen keinen Sitz mehr im Leben, viele können mit diesen Bildern nichts mehr anfangen, weil sie sie selber nicht mehr leben. Allerdings: dass Caritas Gutes tut, lässt sich schon vermitteln. Und gerade deshalb sehe ich uns als Caritas in der Pflicht, in die Öffentlichkeit zu gehen und zu zeigen, was wir bieten, damit die Menschen auch Lust darauf haben, uns zu unterstützen - und gleichzeitig darauf vertrauen können: wenn jemand in eine Notlage gerät, dann ist die Caritas auch da.

HINTERGRUND

Zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst, finden bundesweit die großen Caritas-Sammlungen statt. Die kommende Herbstsammlung ist vom 26. September bis 2. Oktober. Den Auftakt bildet die Kirchenkollekte am Sonntag, den 25. September. Über 700 Pfarreien im Bistum Regensburg engagieren sich. Ohne dieses Engagement wäre die Sammlung nicht denkbar.

Die Hälfte der Spendenerlöse aus der Caritas-Sammlung geht an den Diözesan-Caritasverband Regensburg. Die Caritas finanziert damit Hilfen und Dienste, die nicht oder nur teils staatlich finanziert werden. Dazu zählen beispielsweise Beratungsangebote in der Allgemeinen Sozialberatung, in der Schuldner- und auch in der Asyl- und Migrationsberatung. Die Spenden werden aber auch individuell für Not- und Katastrophenfälle eingesetzt. Die andere Hälfte der Spenden verbleibt in den Pfarreien. Es geht um konkrete, individuelle Nothilfen für Menschen vor Ort, in der Pfarrei und in der Nachbarschaft.

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