"Ach ja, ist ja Mindzone!"

05.10.2022


"Ach ja, ist ja Mindzone!"

Heute feiert das Projekt Mindzone Jubiläum. Mindzone klärt seit 2015 in der Partyszene in der Oberpfalz über neue Drogen auf. Projektverantwortliche ist die Caritas-Suchtberaterin Celine Schulz-Fähnrich. Wie arbeiten sie und ihr Team?

Einsatz vor dem Jahnstadion – Bei einem Heimspiel der "Rot-Weißen" stand Celine Schulz-Fähnrich mit ihrem Team und dem Fan-Projekt des SSV Jahn am sauberdrauf!-Infostand Foto: Caritas

Sie haben mit Mindzone einen guten Draht zur Partyszene. Was geht ab in Regensburg?

Celine Schulz-Fähnrich: Regensburg hat sowohl im Club- als auch im Festival- und Open-Air-Bereich so einiges zu bieten. In jedem Fall werden sämtliche musikalischen Genres bedient. Somit ist für jede und jeden was dabei. Von HipHop, Rock und Alternative über elektronische Tanzmusik bis hin zu Hardtechno und Psytrance sind die Veranstaltungen in und um Regensburg sehr breit aufgestellt.

Was sind neue Drogen und was unterscheidet sie von anderen Drogen?

Celine Schulz-Fähnrich: Neben den klassischen Substanzen, die im Partysetting konsumiert werden, wie Alkohol, Ecstasy, Kokain oder Amphetamine, gibt es auch immer wieder Trends in der Konsumlandschaft zu beobachten. Momentan weit verbreitet ist der Konsum von Kokain und Ketamin (ein Narkosemittel, Anmk. d. Red.) im Wechsel, auch unterschiedliche verschreibungspflichtige Medikamente finden ihren Weg ins Partyleben.

Die Neuen Psychoaktiven Substanzen, man nennt sie auch Legal Highs, meinen alle Stoffe, die von der Drogen-Gesetzgebung meist noch nicht erfasst sind. Sie werden in der Regel als Fertigprodukte verkauft und enthalten sogenannte Research Chemicals (RC), psychoaktive Designer-Substanzen, als Wirkstoffe. Es gibt kaum Infos zu den psychoaktiven Wirkungen, zur Toxikologie und vor allem nicht zu den Langzeitrisiken. Die Risiken, die der Konsum von RCs mit sich bringt, können möglicherweise um ein Vielfaches höher sein als beim Konsum anderer psychoaktiver Substanzen.

Der aktuelle Wissensstand reduziert sich fast nur auf Berichte von Konsumenten. Es gibt im Zusammenhang mit diesen Substanzen immer wieder Drogennotfälle, die intensivmedizinische Behandlung benötigen.

Celine Schulz-Fähnrich, Sozialpädagogin und Suchttherapeutin bei der Caritas Fachambulanz für Suchtprobleme in Regensburg, ist die Projektverantwortliche von Mindzone Regensburg. Foto: H.C. Wagner

Wie und wofür arbeiten Sie mit Mindzone?

Celine Schulz-Fähnrich: Die Vor-Ort-Einsätze stellen das Kernstück dar. Hier wird der Kontakt zu einer Zielgruppe hergestellt, die im klassischen Hilfesystem nicht auftaucht – wahrscheinlich auch, weil sie (noch) nicht von einem Suchtproblem betroffen sind. Partygänger und Festivalbesucherinnen kommen ungezwungen und eigeninitiativ auf das Team im Infopavillon zu. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Fragen und der Austausch um legale oder illegale Substanzen dreht.

Mindzone erreicht junge Menschen, die gegebenenfalls noch keine Konsumerfahrung haben, gelegentlich konsumieren oder mit dem Gedanken spielen Substanzen auszuprobieren. Im persönlichen Gespräch oder durch die zielgruppenspezifischen Infomaterialien werden Interessierte über Wirkungsweisen, Safer-Use-Hinweise und Risiken informiert. Das primäre Ziel ist es, Drogenmissbrauch und einer möglichen Suchtentwicklung vorzubeugen.

Der Peer-Ansatz und die Zieloffenheit ermöglichen einen Austausch auf Augenhöhe, ist authentisch und ohne erhobenen Zeigefinger. Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen werden in regelmäßigen Abständen fachlich geschult, erhalten hier Basiswissen zum Thema Substanzmittelkonsum, Infos zu aktuellen Konsumtrends aber auch zu Gesprächsführung.

Eines unserer Anliegen ist es, zur Konsumreflexion anzuregen, so können sich schleichend verändernde Konsumverläufe schneller registriert werden. Ergänzt wird das Gesprächsangebot durch kostenloses Obst, Traubenzucker, Kaugummis, Ohrstöpsel, Infomaterial sowie durch aktuelle Substanzwarnungen aus anderen Ländern.

Was war Ihr bislang größtes Erfolgserlebnis mit Mindzone?

Celine Schulz-Fähnrich: Zum einen ist es gelungen das Angebot von Mindzone in der Regensburger Veranstaltungsszene so bekannt zu machen, dass sowohl die Betreiber als auch die Partygäste wissen: „Ach ja, ist ja Mindzone, der Drogen-Infostand!“ Zum anderen ist jeder Einsatz, der gemeinsam mit den Peers durchgeführt wird, bei dem wir Menschen erreichen, tolle Gespräch führen und im Gedächtnis bleiben ein Erfolgserlebnis.

5+2 Jahre Mindzone feiern wir heute. Was wünschen Sie sich für das Projekt?

Celine Schulz-Fähnrich: Ich wünsche mir, dass wir weiterhin mit den jungen Menschen in Kontakt kommen. Ich wünsche der Regensburger Feierkultur einen sich weiterentwickelnden ganzheitlichen Ansatz – bei dem Mindzone weiterhin einen wichtigen Teil zur Gesundheitsfürsorge beitragen kann.

Zusatzinfo 1: Das Jubiläumsfest 5+2 Jahre Mindzone Regensburg

Heute, am 5. Oktober, feiert Mindzone Regensburg endlich das Jubiläum, das pandemiebedingt im März 2020 abgesagt werden musste, nach. Jetzt heißt es: „5 + 2 Jahre sauberdrauf Regensburg“. Die Veranstaltung findet im Club Schimmerlos mit geladenen Gästen statt. Rednerin ist unter anderem Esther Neumeier, Leiterin der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht. Auch Professor Hermann Fromme vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wird ein Grußwort sprechen.

Zusatzinfo 2: Das ist Mindzone

Mindzone ist eine Initiative von jungen Partygängern, die 1996 in München entstanden ist und mittlerweile bayernweit im Nachtleben aktiv ist. Unser Team setzt sich mit den Problemen auseinander, die beim Konsum von legalen und illegalen Substanzen in verschiedener Weise auftreten können. Da immer wieder zu beobachten ist, dass Jugendliche Drogen sehr problematisch und riskant konsumieren, erscheint es sinnvoll und notwendig, Aufklärung in diesem Bereich zu betreiben und auf die Drogenthematik differenziert einzugehen. Unter dem Motto „sauber drauf!“ führen wir Aktionen direkt in den Clubs durch. Der Leitgedanke von Mindzone besteht darin, Schädigungen und Folgeprobleme, die im Zusammenhang mit Drogenkonsum auftreten können, vermeiden zu helfen. Substanzkonsum wird als Tatsache angesehen und nicht moralisch bewertet. In diesem Sinne ist Mindzone „nicht gegen oder für Drogen“. Durch die Präsenz im Nachtleben möchte Mindzone (junge) Erwachsene für einen verantwortungsvollen Umgang mit Suchtmitteln sensibilisieren. Mindzone regt zum Nachdenken an, schafft eine Diskussionsgrundlage, wirbt für Gesundheit und stellt somit sicher, dass der Drogenkonsum in der Partyszene nicht einfach als Selbstverständlichkeit hingenommen wird.

2015 startete Mindzone auch in Regensburg durch. Seither fanden 66 Vor-Ort-Einsätze auf Festivals, Open Airs und in Clubs statt – und das trotz den massiven Einschränkungen durch Corona seit 2020. Der Regensburger Standort unter der Leitung von Celine Schulz-Fähnrich, Sozialpädagogin und Suchttherapeutin wird von Markus Kerrinnes, Sozialpädagoge, hauptamtlich unterstützt. Besonders wichtig: die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Aktuell sind es 21 „Peers“ mit unterschiedlichem beruflichem Background (SozialpädagogInnen, ErzieherInnen, Studierende, usw.), die dem Angebot die besondere Note verleihen. Dabei ist der Regensburger Standort auch überregional im Einsatz (Neumarkt, Landshut, Straubing, Deggendorf, Amberg usw.).

Weitere Informationen gibt es hier: sauber drauf! Willkommen bei mindzone - sauber drauf! mindzone.info

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