"Mit Geduld und einem Lächeln geht vieles leichter"

22.03.2022


"Mit Geduld und einem Lächeln geht vieles leichter"

Delir- und Demenzexpertin Gerlinde Weigert Foto: Caritas-Krankenhaus St. Josef

Rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Demenz. Wenn sie wegen eines Bruchs oder einer Herzerkrankung in ein Krankenhaus aufgenommen werden, ist das eine Herausforderung. Am Caritas-Krankenhaus St. Josef erhalten sie Unterstützung von Demenz- und Delirexpertin Gerlinde Weigert. Im Interview erklärt sie, wie ihr Alltag aussieht, worauf man beim Umgang mit Demenzkranken achten sollte und, was den Beruf für sie so besonders macht. 

Frau Weigert, was ist Ihre Aufgabe als Demenzexpertin? 

Für Menschen mit Demenz sind gewohnte Strukturen wichtig. Müssen sie ins Krankenhaus, werden sie in der fremden Umgebung oft ängstlich und unruhig. Kommt so ein Patient zu uns in die Klinik, rufen mich die Pflegekräfte oder Ärzte hinzu. Meine Aufgabe ist es, ihnen Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln, sie zur Selbstständigkeit anzuleiten und auf die sehr individuellen Bedürfnisse dieser Patienten einzugehen. Mit nur einer oder zwei Stunden am Tag kann man da schon viel ausrichten. 

Wie sieht so ein typischer Tag bei Ihnen aus? 

Das lässt sich so einfach gar nicht sagen, denn jeder Tag ist anders. Ich richte mich danach, was die Patienten gerade brauchen. Meistens starte ich den Tag mit einem Wasch- und Anziehtraining. Natürlich ginge es schneller, wenn die Pflegekraft den Patienten versorgt und ankleidet. Doch wenn ich den Patienten anleite, helfe ich ihm dabei, seine Eigenständigkeit zu erhalten. Das gleich gilt, wenn ich beim Essen und Trinken unterstütze. 

Für viele sind auch Rituale und feste Tagesabläufe sehr wichtig, die fehlen dem Demenzkranken in einer Klinik häufig. Dann mache ich einen festen Termin am Tag mit ihnen aus, zum Beispiel: jeden Tag um 9 wird gelesen. Auch das gibt Sicherheit. 

Sie unterstützen also bei alltäglichen Aufgaben, Sie lesen mit den Patienten, was tun Sie noch? 

Eigentlich alles, was das Gedächtnis anregt oder mir dabei hilft, mit den Patienten in Kontakt zu treten. Ich übe beispielsweise Gedichte oder Liedertexte mit ihnen. Selbst wenn die Menschen oft fast nichts mehr wissen, stimmen wir „Segne Du Maria“ oder „Am Brunnen vor dem Tore“ an, können viele mitsingen. Das stärkt das Selbstbewusstsein, ich habe schon oft gehört: „Gell, ich kann schon noch was.“ Und das ist schön zu sehen. 

Oft gehe ich auch einfach spazieren mit den Patienten, setze mich mit ihnen in die Kapelle oder besuche unseren Kräutergarten mit ihnen. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse und diese will ich wahrnehmen. Die Patienten sollen sich bei uns im Haus wohl- und gut aufgehoben fühlen. Denn sie spüren – trotz Demenz – wenn es jemand gut mit ihnen meint. 

Worauf achten Sie beim Umgang mit Demenzkranken? 

Ganz wichtig ist, auf Augenhöhe zu gehen. Und ich meine das auch im körperlichen Sinn. Ich spreche sie nicht von oben herab an, sondern setze mich neben die Patienten. Wichtig ist auch, langsam und in kurzen Sätzen zu sprechen und klare Fragen zu stellen. Zu viel auf einmal überfordert Demenzkranke. Zudem hole ich sie so oft wie möglich aus dem Bett, denn wer nur auf dem Rücken liegt und an die Decke starrt, dem fällt es in einer fremden Umgebung noch schwerer, sich zu orientieren. 

Und ich achte darauf, dass die Patienten ihre Brille tragen und ihr Hörgerät einsetzen, auch das erleichtert schon vieles. Und ganz wichtig: mit Geduld und einem Lächeln geht vieles leichter! 

Frau Weigert, Sie waren 28 Jahre Stationsleitung bevor sie sich zur Demenz- und Delirexpertin weitergebildet haben. Was gefällt Ihnen an daran? 

Am allermeisten gefällt mir, dass ich wieder richtig nahe am Menschen dran bin und mir meine Zeit für sie frei einteilen kann. Besonders, wenn sie danach äußern, wie gut es Ihnen getan hat, dass ich die Zeit mit ihnen verbringe. Und natürlich, dass ich den Angehörigen das Gefühl geben kann, sich keine Sorgen machen zu müssen und ich mich um ihre Familienangehörigen kümmere. 

Von daher finde ich es schade, dass die Krankenkasse diese Leistung nicht zahlt, aber umso toller, dass wir am Caritas-Krankenhaus St. Josef so eine Stelle haben. Denn auch, wenn es sich nicht in Gewinn umrechnen lässt, so kommen wir damit unserem Leitbild nach und es ist für die betroffenen Menschen einfach wichtig. Ich finde es wunderbar, dass wir uns das leisten! 

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