Re;sist heißt das neue Angebot der Caritas Amberg für Jugendliche mit Suchtproblemen. Madeleine Gräf ist damit die erste und bislang einzige Jugendsuchtberaterin der Caritas im Bistum Regensburg.
„Digga, setz dich und chill‘.“ Muss, wer Jugendliche berät, ihre Sprache sprechen? Sicher nicht. Doch eines braucht es schon: einen guten Draht zu jungen Menschen. Madeleine Gräf, 28, Erziehungswissenschaftlerin, hat ihn. Sie kann jungen Leuten zuhören, sie verstehen - und unterstützen.
Gräf ist die erste und bislang einzige Jugendsuchtberaterin der Caritas im Bistum Regensburg. Re;sist heißt die neue Beratungsstelle für Jugendliche mit Suchtproblemen, für die sie arbeitet. Sie ist angegliedert an die Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme in Amberg. Benjamin Treffert, der Leiter der Fachambulanz sagt: „Für Menschen unter 18 Jahren, deren Substanzkonsum außer Kontrolle geraten ist, gab es bislang kein spezielles Angebot.“ An junge Leute zwischen 12 und 18 Jahren aus der Stadt Amberg oder dem Landkreis Amberg-Sulzbach richtet sich daher nun Re;sist. Das Semikolon im Namen steht dafür, dass es nach einer Krise immer weitergeht; genauso wie der Satz nach dem Satzzeichen nicht endet.
„80 Prozent der Jugendlichen, die zu mir kommen, konsumieren Cannabis“, sagt Madeleine Gräf. Während bei Erwachsenen Alkohol das dominierende Suchtmittel ist, ist es bei Jugendlichen Cannabis. Damit fahren sie runter in den Ruhemodus. Die Probleme sind verschwommen oder verschwinden gänzlich im Nebel. Die Jugendlichen sind „gechillt“. Doch wenn der Konsum außer Kontrolle gerät, hat dies mitunter drastische Folgen: Bei einigen lässt die Leistung in der Schule nach oder Streitereien mit den Eltern nehmen zu. Häufig wird das Geld knapp, denn das Beschaffen von Suchtmitteln kostet. Manch einer wird dann kriminell.
Wer zu Madeleine Gräf in die Beratung kommt, wird daher häufig von Netzwerkpartnern zu ihr geschickt, die nah dran sind. Das können Jugendsozialarbeiter sein, Mitarbeitende der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder behördliche Stellen wie das Gesundheits- oder Jugendamt oder auch die Jugendhilfe in Strafverfahren. Bei Re;sist finden die Jugendlichen dann einen geschützten Raum. Zunächst geht es nicht um die Lösung, sondern um Beziehungsarbeit, um Wertschätzen, um das Gefühl: Bei Madeleine ist alles safe.
Viele der jungen Menschen, die zu ihr kommen, berichten von einer Kindheit, in der sie sich allein gelassen fühlten, in der vielleicht die Eltern schon mit Suchtproblemen kämpften oder bis heute kämpfen und in der sie niemand unterstützte. „Mit Cannabis wird die Welt erträglich“, erklärt Gräf das Suchtverhalten. „Alles ist gut und die Jugendlichen fühlen sich auf einmal wohl in ihrer Haut.“ Viele geraten dann „an die falschen Freunde“, wer sich trifft, trifft sich zum Konsumieren. Ein Teufelskreis, aus dem die wenigsten allein den Ausweg schaffen.
Dabei ist die Chance für Jugendliche hoch, ihren Konsum in den Griff zu kriegen. „Erwachsene Suchtkranke bringen häufig eine Suchtvergangenheit mit, die sich über Jahrzehnte erstreckte und sich damit verfestigt hat“, sagt Gräf. Bei Jugendlichen hingegen handelt es sich zumeist „nur“ um mehrere Monate, vielleicht mal wenige Jahre, in denen der Konsum außer Kontrolle geriet. Wer früh in das Hilfssystem eingebunden wird, erhöht seine Chancen auf ein künftiges Leben ohne Sucht, erklärt die Erziehungswissenschaftlerin und Suchtexpertin.
Dieses Hilfssystem aus Fachambulanz, Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Behörden ist derzeit gefragt wie nie. „Wir werden die Folgen der Lockdowns noch lange spüren“, sagt Gräf. Die Corona-Pandemie hat sich auf das Leben und die Psyche vieler Jugendlicher stark ausgewirkt. Essstörungen hätten besonders bei Mädchen enorm zugenommen. Bei Jungen verzeichnet sie eine immense Zunahme der Beschäftigung mit Online-Games. Denn schließlich waren es diese Games, die ihrem Alltag im Lockdown eine Routine verschafften. Da gab es plötzlich wieder eine Aufgabe: Die Kumpels online zum Zocken treffen! Viele haben nach den Lockdowns den Absprung nicht geschafft.
Manche, die zu Madeleine Gräf in die Beratung kommen, neigen auch zum gefährlichen Konsum illegaler Drogen. Ein neuer Trend der Wochenendgestaltung zeichnet sich ab: Erst geht’s zum Feiern. Die Jugendlichen pushen sich mit Speed oder LSD, das sind die sogenannten „Upper“, Drogen zum Hochfahren. Nach der Party, spätnachts oder frühmorgens, gehen sie zum „Downer“ über, dem Kiffen zum Runterkommen. Es ist ein Trend mit fatalen Folgen. Dem wirkt die neue Caritas-Beratungsstelle für Jugendliche mit Suchtproblemen entgegen.
Auf einen Blick: Re;sist – die Caritas-Beratungsstelle für Jugendliche mit Suchtproblemen
Re;sist gibt es seit 1. Januar 2022 und gehört zur Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme in Amberg. Beraterin ist die Erziehungswissenschaftlerin Madeleine Gräf. Die Beratungsorte und -zeiten sind:
· Montags von 8 bis 17 Uhr in Sulzbach-Rosenberg, Adolph-Kolping-Str. 1
Offene Sprechstunde von 14-16 Uhr (ohne Terminvereinbarung)
Auflagensprechstunde von 16-17 Uhr (jeden ersten Montag im Monat)
· Dienstags von 8 bis 17 Uhr in Amberg, Zeughausstraße 12
Offene Sprechstunde von 14-16 Uhr (ohne Terminvereinbarung)
Auflagensprechstunde von 16-17 Uhr (jeden ersten Montag im Monat)
Terminvereinbarung telefonisch unter (0621) 475 540 oder per E-Mail an: beratung@suchtambulanz-amberg.de.
Die Jugendberatungsstelle bietet ein kostenfreies und niederschwelliges Beratungsangebot und bietet freiwillige, suchtspezifische Hilfen an. Die Beratung unterliegt der Schweigepflicht. Zudem werden unterstützende Hilfen in die Vermittlung von Rehamaßnahmen und stationären Aufenthalten angeboten.
Das fachliche, psychosoziale Beratungs- und Behandlungsangebot richtet sich an:
· Junge Menschen im Alter von 12-18 Jahren (in Einzelfällen auch früher)
· Kinder und Jugendliche, die Probleme im Umgang mit sämtlichen stoff- und nicht stoffgebundenen Substanzen haben sowie deren Angehörige und andere Bezugspersonen
· Jugendliche mit Essstörungen (Anorexie, Bulimie)
· Jugendliche mit problematischem Spielverhalten und anderen Verhaltenssüchten (z.B. Internet- und Computerspielsucht, Kaufsucht)
· Multiplikatoren aus dem sozialen Umfeld (z.B. Erzieher, Arbeitgeber, Lehrer, Eltern)
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