Wohin im Notfall?

25.04.2022


Wohin im Notfall?

Dr. Andreas Hüfner, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am Caritas-Krankenhaus St. Josef  Foto: Caritas-Krankenhaus St. Josef
"Viele Patienten kommen zu uns, weil sie nicht wissen, wo ihnen am besten geholfen werden kann. Patienten fühlen sich oft als Notfall, obwohl es sich objektiv betrachtet um keinen handelt."
Dr. Andreas Hüfner, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am Caritas-Krankenhaus St. Josef

Warum muss ich in der Notaufnahme so lange warten? Kann ich auch in die Notaufnahme, wenn mein Hausarzt geschlossen hat? Stellt mir die Notaufnahme ein Kassenrezept aus? Wann rufe ich den Rettungsdienst? Das sind Fragen, die alle angehen. Antworten darauf hat Dr. Andreas Hüfner, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am Caritas-Krankenhaus St. Josef. 

Herr Dr. Hüfner, man liest immer wieder von überfüllten Notaufnahmen und langen Wartezeiten, woran liegt das? 

Das Patientenaufkommen in der Notaufnahme ist weder vorhersehbar noch planbar. Viele Patienten kommen zu uns, weil sie nicht wissen, wo ihnen am besten geholfen werden kann. Patienten fühlen sich oft als Notfall, obwohl es sich objektiv betrachtet um keinen handelt. Und den Auftrag zur Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung hat die Kassenärztliche Vereinigung und damit die niedergelassenen Ärzte mit ihren Hausarzt- und Notfall-/Bereitschaftspraxen.  

Dann klären Sie uns bitte auf: Wann ist man ein Fall für die Notaufnahme? 
Eine Notaufnahme ist primär dafür da, zeitkritische Erkrankungen und Verletzungen zu behandeln, die voraussichtlich einer stationären Weiterversorgung bedürfen. Kurz gesagt: wenn Lebensgefahr besteht und jede Minute zählt oder, wenn bleibende Schäden drohen, wenn nicht sofort gehandelt wird. Das kann zum Beispiel der Verdacht auf einen Herzinfarkt oder Schlaganfall sein. Bei plötzlichem Brustschmerz, Lähmungserscheinungen, plötzlichem Sehverlust, akutem Schwindel, Ohnmacht, Bewusstseinsstörung, akuter Atemnot oder Vergiftungen sollte man direkt in die Notaufnahme kommen oder noch besser den Rettungsdienst unter der 112 rufen. Gleiches gilt, wenn man einen schweren Unfall hatte oder aufgrund einer Verletzung sehr stark blutet.  

Haben Sie Beschwerden, mit denen Sie normalerweise zu Ihrem Hausarzt oder Facharzt gehen würden, wenden Sie sich bitte auch an diesen. 

Aber wenn mein Hausarzt oder der Facharzt geschlossen hat? 

Wenn Ihre Arztpraxis abends oder am Wochenende geschlossen hat, müssen Sie nicht auf ärztliche Hilfe verzichten! Zum einen können Sie eine der Bereitschaftspraxen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) aufsuchen. Eine KVB-Praxis ist räumlich sogar bei uns am Caritas-Krankenhaus St. Josef angesiedelt und direkt über den Eingang der Notaufnahme zu erreichen. Die KVB-Praxis ist von Montag bis Freitag von 18 bis 21 Uhr geöffnet sowie am Wochenende und an Feiertagen von 9 bis 21 Uhr.  

Wenn Sie nicht genau wissen, welcher Anlaufpunkt für Ihre Beschwerden am besten geeignet wäre, können Sie auch die 116 117 wählen. Hier vermittelt Ihnen medizinischesFachpersonal der KVB einen geeigneten Haus- oder Facharzt in Ihrer Nähe, der Bereitschaftsdienst hat, oder nennt Ihnen die nächstgelegene KVB-Praxis. Diese Telefonnummer ist rund um die Uhr erreichbar. 

Und wenn ich nur schnell ein Rezept, eine Überweisung oder eine Krankschreibung brauche? 

Auch dann müssen Sie sich an Ihren Hausarzt wenden, denn dafür ist eine sogenannte „Kassenzulassung“ nötig. Deshalb dürfen wir keine Medikamente ausgeben und auch keine Rezepte ausstellen. Was Patienten häufig auch nicht wissen: wir dürfen auch keine Überweisungen oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (Ausnahme: bei Arbeitsunfällen) ausstellen. Auch dafür muss man sich an seinen Haus- oder Facharzt wenden. 

Nochmal zurück zur Notaufnahme: heißt das, wenn ich ein „echter Notfall“ bin, komme ich immer sofort dran? 
Es gibt den schönen Spruch: „Während Sie warten, wird anderen geholfen.“ Denn auch Notfall ist nicht gleich Notfall. Wie schnell Patienten bei uns in der Notaufnahme behandelt werden, hängt nicht davon ab, wer zuerst hier war, sondern in erster Linie vom Schweregrad der Verletzung oder Erkrankung. Natürlich ist auch ein gebrochener Arm ein Fall für die Notaufnahme, wenn wir aber gleichzeitig Patienten mit einem Herzinfarkt oder nach einem schweren Verkehrsunfall behandeln, muss der Patient mit dem gebrochenen Arm trotzdem etwas Wartezeit in Kauf nehmen. Unmittelbar beim Eintreffen des Patienten wird immer eine Ersteinschätzung zur Behandlungsdringlichkeit durchgeführt wodurch eine Zuteilung in eine von 5 Stufen erfolgt. 

Viele Angehörige, die auf einen Patienten warten, haben oft das Gefühl, die Behandlung dauert sehr lange. Woran liegt das? 

Oft sind mehrere Untersuchungen nötig, wie zum Beispiel Blutuntersuchungen, Röntgenaufnahmen, oder Computertomografien. Die Ärzte müssen auch immer mehrere Patienten gleichzeitig behandeln. Die Befundung erfordert Zeit und die Ergebnisse müssen sorgfältig ausgewertet und je nach Ursache auch mit verschiedenen Behandlungspartnern besprochen werden. Das kostet Zeit, hilft uns aber, dem Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen 

Wartezeiten in der Notaufnahme können auch je nach behandelnder Fachrichtung unterschiedlich sein. Dies betrifft sowohl die Zeit bis zum ersten Arztkontakt, die Wartezeit auf etwaige apparative Zusatzuntersuchungen und Befundmitteilung sowie auch Wartezeiten bei Transporten innerhalb des Krankenhauses und Rücktransporte in die häusliche Versorgung. Nicht alle diese Wartezeiten sind durch uns direkt beeinflussbar. 

Muss ich etwas vorbereiten, wenn ich in die Notaufnahme fahre? 

Das ist – gerade bei einem Unfall – sicher nicht immer möglich. Wenn Sie jedoch noch die Gelegenheit dazu haben, packen Sie neben Ihrer Versichertenkarte auch eine Medikamentenliste sowie Vorbefunde anderer Ärzte oder Krankenhäuser ein. Ebenso helfen uns Kontaktdaten von Angehörigen sowie Medizinische Ausweise wie ein Allergiepass oder der Impfausweis immer weiter. 

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